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AutorenbildWolfgang Baus

Noch leuchten die Lampen



Das Zeitschriftensterben ist nicht neu und begleitet uns schon eine längere Zeit, und es ist wohl noch lange nicht zu Ende.

Und doch habe ich mit großem Erschrecken dem Editorial der Color Foto Ausgabe 9/23 entnommen, dass ich das letzte gedruckte Heft dieser Heftreihe in den Händen halte, die für mich irgendwie schon immer da war. Seit ich fotografiere, wurde ich durch das Magazin Color Foto mit allen relevanten Themen zur Fotografie versorgt.

Der große und umfangreiche Wald an Fotozeitschriften, der wohl nirgendwo auf der Welt so groß ist wie in Deutschland, deckt das gesamte Portfolio an Informationsbedarf ab. Hier findet der Hobbyfotograf Unmengen von Tipps, Tricks, Tutorials und Tests. Und auch wenn es die genannte große Auswahl gibt, so hatte jedes dieser vielen Magazinen sein ganz spezielles Profil. Hier fand der „Hobbyfotograf“, damals noch als solches bezeichnet, weil er diese Tätigkeit eben nicht gegen Bezahlung ausübte, jede notwendige Information, vom Filmkauf bis zur Bildarchivierung oder von der Langzeitbelichtung bis zur Blitzfotografie.


Aber ein Wandel setzte vor ca. 40 Jahren ein. Preise beim Kamerakauf wurden oftmals zu besseren Verkaufsargumenten, und eine bedarfsgerechte Beratung wurde zunehmend unwichtig.

Immer mehr Fachhändler verschlossen die Ladentüren für immer und die Elektronikmärkte schossen überall aus dem Boden.

Die Kamera wurde dann eher aufgrund von Empfehlung von „Freunden“ gekauft, und war eben oft nicht mehr bedarfsgerecht. Die Lust am Fotohobby verschwand nicht zuletzt aufgrund der falschen, weil viel zu oft überladener, Ausstattung in viel zu großen Geräten.

Dies war der perfekte Nährboden für die Smartphones, die mit immer besserer Fotofunktion, die Aufgabe zur Erstellung von Fotoaufnahmen übernahm. Gleichzeitig entwickelte sich das Internet mit einem riesigen Informationsangebot, und einem völlig neunen Stellenwert der Fotografie. Das was ich hier mit wenigen Sätzen skizziere, zeigt die Entwicklung der letzten rund 50 Jahre und das Auf und Ab der Fotografie in Deutschland auf. In dieser Zeit haben sich viele Händler, viele Hersteller und auch viele Hobbyfotografinnen und Fotografen aus der Fotografie zurückgezogen. Eine Konstante war da aber immer der Zeitschriftenwald. Anscheinend unbeeindruckt von allen Veränderungen haben sie der Entwicklung getrotzt. Auch wenn alle Themen inzwischen durch Millionen und Millionen Beiträge in Foto, Film und Wort im Internet abgehandelt werden, konnte keine Pandemie und keine Papierknappheit die Zeitschriftenbranche in die Knie zwingen.


Es wurde immer weiter an bedrucktem Papier festgehalten, aber die Verbrauchergewohnheiten haben sich geändert, und so ist es kein Wunder, dass große Verlagshäuser, wie etwa Axel Springer oder Gruner und Jahr sich von einst großen Titeln trennen, sie verkaufen oder sang und klanglos vom Markt nehmen.


Auch wenn meine Geschichte aus dem Bereich der Fotografie handelt, sieht es in vielen anderen Bereichen nicht anders aus. Und so geht doch heute kaum noch jemand CD oder gar Schallplatten kaufen, es wird halt einfach gestreamt.


Ja und dann halte ich heute die erste rein virtuelle Ausgabe der Color Foto in der Hand. Es möge sich jeder Leser sein eigenes Bild machen, aber das einst von mir so geschätzte Profil der Zeitschrift vermisse ich hier doch sehr. Mit der Verbreitung über das Internet, stellen sich die Herausgeber jetzt einem Wettbewerb, der die angesprochenen Themen schon längst abdeckt und beherrscht. Jetzt gilt es sich ein Profil zu erarbeiten welches es einzigartig macht und den Kaufpreis rechtfertigt.

Es gibt viele Medien, die ihre Inhalte kostenpflichtig über das Internet vertreiben. Sicherlich werden viele Titel folgen. Ich wünsche allen beteiligten Glück dabei ihren Platz im WWW zu finden, aber Zweifel am Erfolg seien mir erlaubt.


Aber trotz aller Zweifel, es geht auch anders. Schallplattenspieler erobern sich Ihren Platz in der heimischen Stereoanlage zurück, Menschen kaufen wieder Kameras, um ihre Bilder auf Filmen aufzunehmen und es gibt mit dem Magazin „Camera“ sogar wieder eine neue Zeitschrift, die sich mit der analogen Fotografie befasst. Es wird also nicht alles schlechter, sondern einfach nur anders, und dann fangen wir einfach wieder von vorne an…

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