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Jetzt auch noch Testberichte…



Ich lese sehr häufig in den sozialen Medien die Frage nach der optimalen Kamera. Die Empfehlungen lauten dann von A-Z über das gesamte System, ohne genauer nach dem Bedarf zu fragen. Ich lese aber auch in vielen Zeitschriften zahlreiche Testberichte über diverse Kameras. Hier wird sehr eingehend und umfassend auf die Produkte eingegangen, aber meistens verlieren sich die Verfasser in Details ohne auf den Bedarf und die Anwendung der Leser einzugehen. Kameras mit einem noch nie dagewesenen Umfang an Ausstattung werden angeboten, die Frage nach dem warum, wird allerdings lediglich durch „…weil sie es können…“ beantwortet.

Deswegen versuche ich mich mal in einem etwas anderen Erfahrungsbericht, der rein subjektiv ist und sich allein an meinen Bedürfnissen und Ansprüchen orientiert, aber lest selber…



Zur falschen Zeit am falschen Ort…

Nur um es klar zu stellen, die Kamera kann nichts dafür.

Als ich mich mit einem Bekannten über YouTube und das dafür notwendige Werkzeug unterhielt, legte er mir die SIGMA fp ans Herz. Er sprach in Superlativen und lieh mir die vielfach ausgezeichnete Kamera, zum Auszuprobieren. Ich nahm das Angebot gern an, und teile an dieser Stelle einmal meine Eindrücke.


Bevor ich auf die Kamera und ihre Funktionen eingehe, muss ich mich und meinen Bedarf ein wenig beschreiben. Schon in meiner frühesten Jugend war ich vom Filmen fasziniert.

Ton war echter Luxus, denn eine dreieinhalb Minuten Tonfilmkassette lag bei 25 DM. Da musste ich mich dann mit dem Kodak K40 Stummfilm für 19,80 DM zufriedengeben. Sonderangebote gab es nicht und so war vor rund 40 Jahren das Super 8 Hobby eine nicht ganz so günstige Sache, und geriet bei mir aufgrund der hohen Unterhaltungskosten in Vergessenheit.


Viele Jahre später, kam dann der Wunsch, die Entwicklung des neugeborenen Nachwuchses festzuhalten. Die tollen neuen Videokameras boten endlose Möglichkeiten und für wenig Geld konnte man einfach draufhalten und stundenlang auf einer Kassette oder später sogar auf Speicherkarte filmen. Was ich denn auch tat. Es wäre übertrieben, wenn ich schreibe ich habe das Aufwachsen des Kindes in Realzeit aufgenommen, weit entfernt davon war es allerdings nicht. Die Videokassetten mit den endlos langen Aufnahmen der Geh-Lern- und Sprechversuchen liegen heute in einem der großen Kartons im Keller und wurden nicht einmal angesehen. Die Bilder, die in der gleichen Zeit entstanden sind, jedoch viele Male.


Jetzt wo fast jede Fotokamera über eine annähernd perfekte Videofunktion verfügt und das Filmen so einfach wie nie zuvor ist, wäre also der perfekte Zeitpunkt für mich endlich die lange Zeit unterdrückte Videoleidenschaft auszuleben, aber so gern ich möchte, ich bin kein Filmer – ich bin Fotograf.

Filmen bedeutet Drehbuch erstellen, Text erstellen, Filme schneiden, Musik unterlegen, und schließlich ein Publikum zu finden, welches ich mit Videos erfreuen kann.

Ja, YouTube und Video sind in aller Munde, aber ganz ehrlich, endlose Dampflokausfahrten, Landschaftspanoramaschwenks oder Reisebeschreibungen in praktischen 45 Minuten Filmchen, will doch eigentlich keiner sehen. Sicherlich sind da die tollen Katzenfilmchen, oder die lustigen Kindervideos im Internet, aber die machen eben nur Sinn als Dreißigsekünder, und dafür reicht dann doch das schnelle Video mit dem Smartphone.


Ich habe dies übrigens lange nicht realisieren wollen, und haben mir sogar Fotoapparate angeschafft, die bestmögliche Videooptionen boten. Aber wenn ich Filmen will, kann ich nicht fotografieren, und so habe ich es dann mit dem Filmen doch gelassen. Der ein oder andere mag entgegnen, man können doch einfach das gewünschte Foto bei akzeptabler Qualität herausziehen. Aber wenn ich das will, wozu soll ich dann stundenlange Videoaufnahmen erstellen? Für meine Art der Fotografie, lasse ich mir bei der Bildgestaltung viel Zeit und mache das gewünschte Bild mit einer Aufnahme, ohne später am Rechner selektieren zu müssen.


Ich will kein Video, und ich will Bilder auch nicht von jedem Ort der Welt „sharen“, ich will ein Bild. Ich genieße den Blick durch einen Prismensucher, und liebe es, ein neutrales Bild der Wirklichkeit zu bekommen. Wenn es dunkel ist, möchte ich mit der Dunkelheit gestalten. Ich brauche keinen Monitor, der mir ein Bild simuliert, ich will ein Bild gestalten und dabei auch im Randbereich keine Überraschung erleben und ich liebe es, wenn ich beim Auslösen ein Klicken zur Bestätigung der Aufnahme höre.

Im Prinzip bin ich mit meinem Fotoapparat vergleichbar mit einem Musikliebhaber, der in Zeiten von Streamingdiensten einen Plattenspieler benutzt.


Und genau so ein Typ bekommt jetzt den Boliden Sigma fp in die Hand. Beim Auspacken war ich echt beeindruckt. Das Metallgehäuse mit seinen Dichtungen gegen Feuchtigkeit und Staub, macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Und die Abmessungen (Größe mag ich nicht schreiben) sind minimal. Ist da wirklich ein 24 MP Kleinbildsensor drin? Selbst zu Analogzeiten gab es kaum Kameras die taschentauglicher waren als diese. Aber wie immer, wenn etwas so besonders klein ist, zahlt man doch irgendwann drauf. Die Kamera ist keineswegs überfrachtet mit Bedienelementen und Anschlüssen, aber nicht zuletzt durch den großen 3,15 Zoll Monitor, der rund 80% der Rückseite einnimmt, fehlt es an Platz für Tasten. Und so bleibt für den Daumen der Haltehand nur sehr wenig Platz. Einige unfreiwillige Veränderungen der Funktionseinstellung schiebe ich auf den Daumen der da so unmotiviert auf den Tasten rumdrückt, wenn er doch einfach nur der Kamera den notwendigen Halt geben soll. Und bei der Objektivkombination, die ich gewählt habe, ist da einiges an Halteaufwand notwendig.



Ich habe mich für für ein 24-70 mm F2,8 DG DN als Standardobjektiv entschieden, welches mit 835 g fast doppelt soviel Gewicht auf die Waage bringt wie das Kameragehäuse. Entsprechend groß fällt diese Kombination aus, die kaum ohne Griff handhabbar ist. Zumal 1.250 Gramm in der Kombination aus Kamera und Objektiv am ausgestreckten Arm geradezu für verwackelte Aufnahmen prädestiniert ist, was auch durch die elektronische Shake Reduction kaum vermeidbar sein dürfte. Ich erwähnte es bereits, dass ich doch ziemlich altmodisch bin, und eine Kamera gern aussehen darf, wie schon seit mehr als 70 Jahren. In dieser Form könnte man auch schwere Objektive bequem und sicher halten. Und so vermisse ich einen Sucher, der mir einen stabileren Halt ermöglicht, und bei Sonnenschein die Bildgestaltung überhaupt erst möglich macht. Ein Schwenkdisplay hätte die Handhabung sicherlich deutlich vereinfacht, und ich hätte die Kamera nicht am ausgestreckten Arm bedienen müssen.

Ich habe bei gutem und bedecktem Wetter fotografiert, Verwacklungen gab es unter Standardbedingungen keine, aber so ganz war ich im Einzelfall mit der Schärfe nicht zufrieden. Ich habe nicht unter Laborbedingungen getestet und von daher ist die Feststellung leichter Unschärfe bei einigen Aufnahmen und leichten Rauschens bei ISO 400, eine rein subjektive Feststellung. Im Großen und Ganzen entspricht die Bildqualität den Erwartungen einer 2.000 Euro Kamera mit einem 1.200 Euro Objektiv. Nicht ganz so subjektiv, sind die zum Teil starken Reflektionen auf dem ansonsten brillanten und scharfen „Touch“-Monitor, der alle notwenigen Informationen liefert.

Wenn wir beim Display sind, komme ich auch gleich auf das Menü. Die Einstelloptionen sind bei jedem Hersteller unterschiedlich, und oft auch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Da ist die fp nicht anders. Für diesen kurzen Bericht zählt für mich nur der erste Eindruck ohne in die Tiefen der Funktionseinstellung abzutauchen. Um es neutral auszudrücken, ich habe für meinen Testwalk alles gefunden was ich gesucht habe. Vom Umfang des Quickmenüs war ich ein wenig enttäuscht. Hier werden lediglich 8 Funktionen für eine Schnellauswahl zur Verfügung gestellt. Wahrscheinlich reicht das in der Praxis völlig aus, aber wer von uns liebt es nicht Optionen zu haben? Diese werden aber, zumindest mit drei Customer Speichern, für die Belichtungssteuerung zur Verfügung gestellt.


Besonders auffällig sind neben dem Ein- und Ausschalter der Umschalter für Foto und Video sowie die Aufnahmetaste. Aber hier ist der Moment an dem ich aussteige. Wie eingangs erklärt bin ich Fotograf. Für mich muss ein Fotoapparat keine Videokamera sein. Und damit sind wir dann am Anfang meiner Geschichte. Stand- und Bewegtbild waren in der Geschichte zwei unterschiedliche Genres. Durch die technische Entwicklung haben sich beide so stark genähert, dass beide Techniken in einem Gehäuse ermöglicht werden. Professionelle Medienersteller werden diese Tatsache zu schätzen wissen, aber die Frage sei gestattet welchem Fotoamateur dies wirklich nutzt. Hat ein Fotograf die Muße sich mit Video zu beschäftigen, nur weil er die Option hätte, oder macht es Sinn sich auf das konzentrieren was er wirklich möchte?

Ich konzentriere mich nach einem langen und teuren Lernprozess auf Fotografie. Wenn ich mal ein Video machen möchte, gibt es verschiedene andere Möglichkeiten. Deswegen muss meine Fotokamera ihren Job perfekt beherrschen. Und mag die kleine Sigma fp noch so toll sein. Als Fotokamera für meine Ansprüche ist sie gänzlich ungeeignet. Speziell die Ergonomie war dann auch der Grund für den relativ kurzen Test. Egal was da noch alles drinstecken mag, wenn ich für die Handhabung einen speziellen Griff oder wahrscheinlich besser noch ein Rig benötige, passen wir nicht zusammen. Dabei mag die Kamera über Wahnsinnsvideooptionen verfügen, aber da bin ich aus genannten Gründen raus.

Wie schon mehrfach geschrieben, dies ist kein objektiver Test, sondern gibt nur meine subjektiven Erfahrungen wieder.






Abschließend möchte ich dazu eine kleine Geschichte erzählen.

Ich trinke gern guten Kaffee, auch gern einmal einen Espresso oder eine jener Spezialitäten wie z.B. Cappuccino. Da war der Weg nicht weit, mir einen Kaffeevollautomaten anzuschaffen. Der Kaffee schmeckt nicht so gut wie handaufgebrüht und eine Kanne für das Kaffeekränzchen kann er auch nicht liefern, aber Geschmack und Möglichkeiten sind akzeptabel .

Ein Erlebnis der besonderen Art hatte ich, als mir ein Freund seine neue Siebträger-Espressomaschine mit Brühkopf vorstellen wollte. Zusammen mit einer speziellen Kaffeemühle war dies eine Anschaffung, im Wert, einer Oberklassekamera mit passendem Objektiv. Der Cappuccino, den ich daraus getrunken habe übertrifft alles was ich bisher kennengelernt habe. Wenn Hersteller von Kaffeemaschinen von „Aroma“ und „Geschmack“ sprechen, haben die nie das Produkt jener Siebträgerbrühmaschine genossen. ...




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